Geschichten im Regen

Wer einen Blog schreibt, wählt bewusst einen passenden Namen aus, der zu seiner Persönlichkeit und seinen Interessen passt. Nun erhielt ich die Frage, warum ausgerechnet der melancholische Name “Geschichten im Regen”?

Da müssen wir in meine Kindheit zurück wandern. Ich wurde von meiner Familie oft “Quasselstrippe” genannt, weil meine Schnatterschnute nie still stand. Stille gab es bei mir nicht. Meine Oma las mir deshalb oft ein Gedicht vor, dass ich bis heute sehr liebe. Es dreht sich um Stille und leise Töne. Besonders die dritte Strophe hat es mir bis heute angetan und ich zelebriere sie selbst als Erwachsene noch.

Wer einmal bewusst dem Rauschen des Regens lauscht, wird feststellen, dass er immer eine andere Geschichte erzählt. Einmal ist er aufgebracht oder traurig, er ist einsam, fröhlich, begeistert, müde oder genervt. Manchmal auch alles zugleich. Der Regen fiel diesen Sommer nicht so häufig, aber jedes Mal wenn er kam, hörte ich ihm zu. Und so wie er seine Geschichten erzählt, erzähle ich meine. Geschichten im Regen.

Das leise Gedicht

Wer mäuschenstill am Bache sitzt,
kann hören, wie ein Fischlein flitzt.

Wer mäuschenstill im Grase liegt,
kann hören, wie ein Falter fliegt.

Wer mäuschenstill im Bette lauscht,
kann hören, wie der Regen rauscht.

Wer mäuschenstill im Walde steht,
kann hören, wie ein Rehlein geht.

Wer mäuschenstill ist und nicht stört,
kann hören, was man sonst nicht hört.

von Alfred Könner